Aktivitäten

Fluktuation in den Vereinen

Die Teilnahme der Mitglieder muss sichergestellt werden.

Dafür müssen Dienstleistungen angeboten werden, die einen weiteren Besuch in der Gemeinde gewährleisten.

In der Regel sieht es in Migrantenselbstorganisationen diesbezüglich düster aus.

Wieso gibt es eine Fluktuation der Mitglieder?

Wie kann man die Teilnahme der Mitglieder sichern und sie längerfristig an den Verein binden?

In den Vereinen herrscht eine starke Fluktuation der Mitglieder. Mitglieder besuchen die Gemeinden nicht regelmäßig oder kündigen ihre Mitgliedschaften. Selbst große Vereine stehen vor der Problematik, dass ein großer Teil der Mitglieder den Aktivitäten in der Gemeinde fernbleibt. Ein Grund ist oftmals die Eintönigkeit der Angebote. Vereine müssen bestimmte Dienstleistungen und Aktivitäten für ihre Mitglieder und Zielgruppen anbieten, die Angebotspalette sollte dabei breit gefächert sein. Auch sollten diese Aktivitäten nicht nur von einzelnen Vorstandsmitgliedern, sondern vom gesamten Vorstandsteam und den Mitgliedern gemeinsam getragen werden.

Weitere Faktoren für die Fluktuation:

  1. Mangelnde Vereinsbindung und Identifikationsprobleme: Viele Mitglieder zahlen ihren Mitgliedsbeitrag von Monat zu Monat und nehmen einzig an Mitgliederversammlungen oder einzelnen Angeboten teil. Sie fühlen sich mit dem Verein nicht verbunden, sehen die Mitgliedschaft eher als Zwang und Pflicht an. Sie sind Alevit*innen, dies steht jedoch nicht immer an erster Stelle, so dass der Bezug zur eigenen Religion und Kultur verloren geht. Wie kann das Interesse dieser Personen geweckt werden?
  2. Zeitprobleme: Jeder kennt das Zeitproblem der Moderne. Menschen haben immer weniger Zeit für Freund*innen, Familie und sich selbst. Das Ehrenamt fördert diesen Umstand, da die Vereinsarbeit meist am Wochenende stattfindet und somit gar keine Zeit mehr für private Angelegenheiten bleibt. Gerade in solch einer Zeit ist es schwierig, Menschen davon zu überzeugen, den freien Sonntag im Verein zu verbringen. Dies ist nur möglich, wenn die ganze Familie an den Aktivitäten teilnimmt und den Verein gerne besucht.
  3. Andere Freizeitgestaltung: Gerade aufgrund dieser Zeitprobleme möchten Menschen die ihnen zur Verfügung stehende Zeit mit anderen Freizeitangeboten verbringen. Der monotone und meist stressige Alltag führt dazu, dass man „mal einfach nichts tun“ oder die wenige Zeit mit den Liebsten verbringen möchte. Es werden Freund*innen besucht oder Ausflüge mit der Familie gemacht.
  4. Konkurrenzangebote: Zudem besteht die Möglichkeit, dass man mehrere Mitgliedschaften hat und vielleicht eher sportliche Aktivitäten verfolgt oder sich einem anderen Verein näher verbunden fühlt. Fußballmannschaften haben zwei bis dreimal in der Woche Training und sonntags meist ein Spiel, so dass nicht viel Zeit bleibt.
  5. Internet/Medien: Ein weiterer Faktor für die Fluktuation eines Mitgliedes sind die gegenwärtigen Medien. Menschen verbringen lieber Zeit vor dem Computer oder TV.
    Die Vereinsvorstände müssen an diesen Punkten ansetzen und versuchen, durch gezielte Arbeit der Fluktuation der Mitglieder entgegen zu wirken. Durch eine organisierte und strukturierte Arbeitsweise ist dies möglich.

Hierfür müssen Sie vor allem folgende Punkte näher betrachten:

  1. Aktivitäten anbieten: Zusätzlich zu bestehenden Aktivitäten müssen die Vereinsvorstände weitere Veranstaltungen wie Seminare und Podiumsdiskussionen anbieten. Man kann verschiedene Angebote für Kinder und Jugendliche, Frauen oder SeniorInnen anbieten. Themen der Seminare könnten z.B. Gewalt- und Drogenprävention bei Jugendlichen, Anti-Rassismus-Trainings (nicht nur für junge Menschen) oder die Entwicklung der deutschen Migrationspolitik seit 1970 sein.
  2. Planung: Um verschiedene Aktivitäten für verschiedene Gruppen zu organisieren ist eine durchdachte Planung unverzichtbar. Ohne Planung kann keine Veranstaltung ordnungsgemäß und erfolgreich ablaufen. Dies gilt für große, aber auch kleinere Veranstaltungen. Es muss vor jeder Veranstaltung, ob Seminar, Podiumsdiskussion, Konzert oder Cem-Zeremonie, ein Arbeitsplan und ein Grob- und Feinkonzept erstellt werden. Zudem muss richtig und real kalkuliert werden.
  3. Arbeitsteilung: Ein weiterer wichtiger Punkt in diesem Zusammenhang ist die Arbeitsaufteilung. Es muss bei jeder Tätigkeit klar erkennbar sein, wer für was zuständig ist. Aufgaben müssen auf mehrere Personen übertragen werden. Damit werden einerseits Überlastungen, andererseits Überforderungen von einzelnen Personen vermieden. Es macht wenig Sinn, einer Person mit nicht ausreichenden Deutschkenntnissen die Zuständigkeiten im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit zu übertragen. Ebenso ist es nicht förderlich, wenn eine Person zu viele Aufgaben übernimmt. Dies führt allein wegen des in der Regel knappen Zeitfensters dazu, dass am Ende kaum eine Aufgabe voll und zufriedenstellend erledigt ist.
  4. Zufriedenheit der Mitglieder/ Vereinsklima: Eine gute Vereinsarbeit ist zudem nur möglich, wenn das Vereinsklima stimmt. Es ist unausweichlich, dass die Mitglieder sich wohl fühlen und zufrieden sind. Um diesen Zustand dauerhaft zu erreichen, sollte man zum einen versuchen, möglichst viele Mitglieder in die aktive Arbeit einzubinden. Hierbei sollten alle Personen, die aktiv helfen wollen, in irgendeiner Weise mit eingeschlossen werden. Zum anderen ist eine gute Kommunikation zwischen den Menschen (Vorstand und Mitglieder) eine grundlegende Voraussetzung. Man muss miteinander diskutieren können und einen Konsens finden. Kritik sollte niemals andere Personen angreifen, sondern sachlich und konstruktiv sein. Auch sollte nach jeder Veranstaltung oder zu jedem Angebot ein Feedback von Mitgliedern eingeholt werden, um so eventuell die nächste Organisation zu verbessern. So fühlen sich Mitglieder auch von den Vereinsvorständen ernst genommen und wertgeschätzt, was die Wahrscheinlichkeit einer aktiven Teilnahme deutlich erhöht. Eine effektive Vereinsarbeit kann nur gut funktionieren, wenn sich alle Gruppen beteiligen. Eine Frauengruppe ohne Frauen macht wenig Sinn, denn die Arbeit dieser Gruppe richtet sich genau an diese. Ebenso gilt dieses Prinzip für Kinder, Jugendliche und SeniorInnen.

Jugendarbeit

Gerade bei Jugendlichen treten die oben genannten Faktoren stärker in den Vordergrund und führen dazu, dass diese den Verein nicht besuchen.

Sehr viele fühlen sich nicht mit dem Verein und den Ritualen verbunden. Sie haben andere Freizeitaktivitäten, treffen sich nach der Schule mit Freund*innen, spielen Fußball im Sportverein oder vertreiben die Zeit mit TV, Internet und Playstation. Gerade ihre Teilnahme ist jedoch von großer Bedeutung, da sie in naher Zukunft an der Vereinsspitze agieren und die Arbeit der älteren Generation fortführen müssen.

Wie kann man ihre Teilnahme sichern oder zumindest wahrscheinlicher machen?

• Private Bereiche für Jugendliche einrichten, wo Freizeitaktivitäten stattfinden können

• Feierlichkeiten

• Seminare in verschiedenen Bereichen (Religion, Politik, Philosophie etc.); hierbei sollten die Semi- nare interessant gestaltet und/oder auf Deutsch gehalten werden.

• Gewalt- und Drogenprävention

• Anti-Rassismus-Trainings

• Bildungsseminare/Bildungsreisen

• Podiumsdiskussionen, auch in Zusammenarbeit mit anderen Organisationen

• Bewerbungstrainings

• Sport

• Nachhilfe

Es ist zunächst schwierig, Jugendliche nur durch Seminare in die Vereine zu bringen. Daher sollte versucht werden, sie dazu zu bewegen, ihre Freizeitaktivitäten in den Vereinen auszuüben. Zu diesem Zweck sollten Jugendliche die Möglichkeit haben, in den Vereinen mit ihren Freunden Billard oder Playstation zu spielen. Auch Halay-Parties oder Filmabende sollten stattfinden. Mit solchen Angeboten kann ihnen vermittelt werden, dass es in einer Gemeinde nicht zwingendermaßen langweilig sein muss. Langfristiges Ziel muss sein, dass Jugendliche ihre freie Zeit nicht auf der Straße verbringen, stattdessen aus eigener Initiative in den Verein gehen und dort ihre freie Zeit verbringen. Anschließend können diese Jugendlichen zu Seminaren eingeladen werden. Die Seminare müssen die jungen Menschen direkt ansprechen, indem auch ihre Probleme angesprochen werden. Unter den Jugendlichen gibt es wahrscheinlich Erwerbslose oder Arbeitssuchende, denen ein Bewerbungstraining weiterhelfen könnte. Zudem ist das Thema Rassismus gegenwärtig und könnte jeden von uns betreffen. Dies ist vergleichbar mit folgendem Beispiel: Menschen, die niemals Bücher lesen, ändern diese Meinung meist nach ihrem ersten tollen Buch. Übertragen auf den Verein kann dies so verstanden werden, dass nach einigen erfolgreichen Angeboten Ein wichtiger Faktor in diesem Zusammenhang ist die Tatsache, dass die Jugendlichen den Großteil dieser Aktivitäten selbst organisieren und die Älteren lediglich als Ratgeber und Unterstützer dienen. Falls es einen eigenen Jugendvorstand gibt, sollten Aktivitäten in Absprache mit dem Erwachsenenvorstand stattfinden. Dies führt dazu, dass sich die Jugendlichen ernst genommen fühlen und auf gleicher Augenhöhe mit den Erwachsenen leiten, lenken und koordinieren. Sie entwickeln somit bereits im frühen Alter Verantwortungsbewusstsein und wichtige Eigenschaften für eine erfolgreiche Zukunft, ob in Schule, Beruf oder Ehrenamt.

Neben der aktiven Mitarbeit im Verein sollten diese auch mit anderen Jugendorganisationen zusammenarbeiten. Die einfachste Form davon ist die Mitgliedschaft in den örtlichen Stadtjugendringen. Vor der Mitgliedschaft müssen die verschiedenen Jugendgruppen (Evangelische Jugend, Katholische Jugend, AWO Jugend, etc.) kontaktiert, eingeladen und auch besucht werden. Der Verein sollte anerkannter Träger der Freien Kinder- und Jugendhilfe nach §75 KJHG sein. Diese Anerkennung belegt, dass der Verein bereits seit mindestens drei Jahren auf dem Gebiet der Jugendhilfe im Sinne §1 KJHG tätig ist. Diese Anerkennung und eine längere Zusammenarbeit mit den anderen Mitgliedern des Jugendrings könnten den Mitgliedschaftsprozess im Stadtjugendring beschleunigen. Die Mitgliedschaft hat verschiedene Vorteile: Einerseits kann durch gegenseitigen Erfahrungsaustausch voneinander gelernt und somit die Arbeit wirklich professionalisiert werden, andererseits können mit einer Mitgliedschaft auch finanzielle Vorteile geschaffen werden. Die geknüpften Kontakte können der Jugendgruppe immer wieder auch in anderen Bereichen ihrer Arbeit helfen.

Diese Aktivitäten in ihrer Gesamtheit führen dazu, dass Jugendliche Verantwortungsbewusstsein entwickeln und erste Erfahrungen in der Organisation von Veranstaltungen, im Sponsoring und in der Projektarbeit gewinnen. Zudem werden im Verein, aber auch durch die Zusammenarbeit mit anderen Organisationen außerhalb des Vereins, Kontakte und Netzwerke auf- und ausgebaut, die einerseits der Gemeinde, andererseits aber auch den einzelnen Aktiven nützlich sein können. Überträgt man diese Arbeitsweise auf die anderen Bereiche der Vereinsarbeit, könnte das Ergebnis zu einer Professionalisierung der gesamten Vereinsarbeit führen.